Förderverein der Villa ten Hompel

Eingetragener Verein zur Förderung einer Erinnerungs-, Forschungs- u. Bildungsstätte

Paul Wulf

Wie ist der Wert für ein Menschenleben zu definieren? Der erste Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 der Generalversammlung der Vereinten Nationen findet darauf eine ganz klare Antwort: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Recht geboren“. In der NS-Zeit wurde diese Frage aber gänzlich anders behandelt und durch eine menschenverachtende Ideologie der Wert des Lebens u.a. nach ökonomischem Maßstäben abgewogen. Unzählige Menschen wurden allein aufgrund ihrer Herkunft oder der Zuschreibung zu einer bestimmten Gruppe verfolgt bis hin zur systematischen Ermordung. Dabei fielen die verschiedensten Gruppen der NS-Verfolgung zum Opfer – einer dieser Menschen war Paul Wulf.

Paul Wulf wäre am 2. Mai 2021 100 Jahre alt geworden. Er war während seiner 78 Lebensjahre vieles: Ein Kind des Ruhrgebiets, ein Sohn, ein Bruder, ein Anarchist, Antifaschist, Kämpfer für die Aufklärung der NS-Verbrechen, Anti-Atomkraftgegner, Friedensdemonstrant, Träger des Bundesverdienstkreuzes – und ein Opfer von Zwangssterilisierung. An seine Geschichte erinnert heute u.a. eine große Skulptur an der Promenade der Münsteraner Innenstadt. Zudem hat sich mit dem Freundeskreis Paul Wulf eine Gruppe gefunden, die sein Andenken und sein Streben nach mehr Gerechtigkeit und Frieden für die Welt mitträgt. Der Weg hin zur Anerkennung seiner Geschichte und seiner Person war allerdings lang und steinig.

Diese neu überarbeitete didaktische Mappe will daher einen kleinen Beitrag leisten, die Erinnerung an Paul Wulf, stellvertretend für die Opfergruppen der Zwangssterilisierten und Euthanasieopfer, aufrecht zu halten. Die Ausgangslage hierfür bilden die didaktischen Mappen zu Paul Wulf aus dem Jahr 2006, die von Jürgen Düttmann und Ulrike Schneider-Müller erarbeitet worden sind. Ihre Arbeit hat den Grundstein für diese Neuüberarbeitung gelegt. Dabei wurde darauf geachtet, dass das Leben von Paul Wulf vor, während und nach der Verfolgung aufzugreifen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf der Frage der Aufarbeitung der Verbrechen gelegt wurde.

Ein erster Baustein bietet zunächst Hintergrundinformation zu den verschiedenen Themenkomplexen und den Lebensweg von Paul Wulf. In einem zweiten Baustein finden sich Unterrichtseinheiten zur Geschichte zu seiner Person. Dabei geht es zunächst um seine Verfolgungsgeschichte während der NS-Zeit. Daran schließt sich sein Kampf um Anerkennung und Wiedergutmachung bis hin zur Verankerung seiner Person in der Erinnerungslandschaft Münsters an.

Zielgruppe dieser Unterrichtseinheiten sind weiterführende Schulen der Sekundarstufe I und II. Das Anforderungsniveau ist dabei durch die Quellenauswahl und ggf. eine Veränderung der Arbeitsaufträge anzupassen. So richtet sich die Zusammenfassung der Dokumenteninhalte zu Paul Wulf im Kapitel 3.3 exemplarisch an eine 10. Klasse einer Realschule, wohingegen das Rollenspiel zur Gerichtsverhandlung auf eine Sekundarstufe II an einem Gymnasium ausgelegt ist. Die genauen Arbeitsaufträge können daher immer nur als ein Vorschlag gesehen werden und müssen ggf. an die jeweilige Zielgruppe angepasst werden. Die 8 einzelnen Unterrichtseinheiten können dabei als eine gesamte Einheit durchgeführt werden, es können aber auch, je nach zeitlichem Umfang und thematischen Schwerpunkten, Stundenentwürfe als „Steinbruch“ verwendet werden.